Zaubernuss – 23. Oktober 2020

Herbst und meine Blätter Ich liebe die Blätter. Ihre Formen, die Grünnuancen. Fasziniert mich der feine Unterschied der Haptik, ihrer Dicke, die Festigkeit, das Zarte, das Durchscheinende. Jetzt, zu dieser Jahreszeit noch tausendmal mehr. Wie sollte ich malen, wenn es draußen in meinem Garten eine Vorstellung nach der anderen gibt.

Herbst und meine Blätter

Ich liebe die Blätter. Ihre Formen, die Grünnuancen. Fasziniert mich der feine Unterschied der Haptik, ihrer Dicke, die Festigkeit, das Zarte, das Durchscheinende. Jetzt, zu dieser Jahreszeit noch tausendmal mehr. Wie sollte ich malen, wenn es draußen in meinem Garten eine Vorstellung nach der anderen gibt. Die Augen gefesselt auf das Blatt starren und sich einnisten in dessen Variationen des Wandels. Die Zeit der Vergänglichkeit steht direkt vor der Türe. Die Dahlien dürfen heute noch blühen. Beim ersten Frost sind sie dahin. Traurig es mitansehen. Das Königsblatt ist jedes Jahr und immer wieder die Hamamelis. Die Zaubernuss hat in meinem Garten keinen guten Platz. Es macht mich immer wieder traurig, es zu wissen und daran nichts ändern zu können. Aber sie hält sich erstaunlich gut mit harter Konkurrenz von Bambus und Efeu und wildem Wein. Dann hat sie auch keine Südseite und ergattert nicht so viel Licht, wie sie es sich wünschen würde. Aber immer im Herbst, wenn sie ihre wahre Schönheit zeigt, glaube ich zu vermuten, ist sie glücklich. Denn, wie sonst könnte sie solche Farbenspiele ihrer Blätter zaubern? Als krasser Kontrast zu dem dunklen Efeublatt erstrahlt sie und setzt sich genau in mein Herz. Wie viele Stunden möchte ich verweilen um nicht meinen Blick von ihr zu wenden? Dann diese Textur .. samtig weich, anmutig, im Rhythmus jedes Blatt wie eine Praline zum kosten und auskosten. Ich wünschte mir, dass der Herbst länger bleibt und mir dieses Schauspiel noch eine Weile lässt.

Jetzt zu dieser Jahreszeit erlebe ich den Garten noch bewusster, noch intensiver, sinnlicher. Entsprechend groß auch die Wehmut angesichts des bevorstehenden Winters. Die Helligkeit nimmt ab. Die Tage sind kürzer geworden. Das Licht ist fahler, leichter, durchlässiger. Die schwindende Kraft der Sonne schmerzt mich.

Das Atelier ist dunkler geworden. Kühler, leerer, irgendwie. Ich fühle mich jetzt einsamer. Da die Tage kürzer sind, muss ich mit den Zeiten jonglieren. Bei Tageslicht zu malen ist noch immer größte Priorität für mich. Kein künstliches Licht kann so stimulieren und die Farben zum Leben bringen, welche durch meine Hand sich mischen. So spüre ich die Zeiten anders. 

Die Buchsbaumkugel schmückt sich mit fremden Federn. Die sanft herabfallenden, gelben, kleinen, ovalen Blätter meiner Scheinakazie Frisia, fängt sie gekonnt auf wie ein Sieb. Jetzt ist auch für die Buchsbaumkugel eine besondere Zeit. Sie blüht selten und jedoch kann sie sie jetzt mit gelben Punkten auf ihren kleinen dunklen Blättern schmücken, die sich wild und frech als turbulenter Kontrast zu der akkuraten Kugelform abheben. entzückt es mich immer wieder.

Ach, ich könnte immer weiter so schreiben, suche ich doch kaum, sondern finde immer. 

Der wilde Wein, dessen rote Blätter durch die Fenster hindurch den ganzen Raum in glühendes Rot verwandeln. Seine Kraft der Farbe stimuliert und erwärmt sofort die Sinne. Dieser Augenblick ist kostbar, denn nur all zu schnell wird er seine Blätter verlieren. Was bleibt ist die Erinnerung.

Die Stille, der leichte Wind, was wollen sie mir erzählen. Jedes Blatt, jede Pflanze ist fast lautlos und lasst sich durch die Jahre mitnehmen. Keine Pflanze, kein Baum, keine Blüte stellt das andere  Blatt in Frage. Sie gedeihen manchmal gut, manchmal schlecht nebeneinander her. Dennoch, alles hat Berechtigung und darf sein.